Sturmflut rückwärts

Die Katastrophen von heute sind die guten Geschichten von morgen.

Die letzten beiden Tage sind sehr anstrengend gewesen. Am Donnerstag morgen um vier habe ich mich auf den Weg nach Augsburg zu einer internen Konferenz gemacht. Ich habe viele interessante Vorträge gehört, diskutiert und Vesrsuchs-Fertigungslinien bestaunt. Ich habe meinen riesigen Miet-Astra mit viel Fluchen und in noch mehr Zeit irgendwie in dieses winzige Hotel-Parkhaus gezirkelt. Geschlafen habe ich wenig und um Sport zu machen fehlte die Zeit.

Vorsichtig taste ich mich Schritt für Schritt die Rampe zum Steg runter. Es ist feucht und die Rampe ist entsprechend glatt. Außerdem geht es verdammt steil runter. Nur nicht das Boot fallen lassen. Ich kann nur ganz vom Ende des Steges ablegen, da ist das Wasser immerhin noch knappe 30cm tief. Ich denke mir nicht viel dabei - wird bestimmt bald wieder auflaufen.
Ich bin müde. Nicht so "heute fühle ich mich ein bisschen schlapp" - müde sondern "lass mich bitte SOFORT wieder in mein Bett die Welt da draußen vertrage ich in meinem Zustand nicht" - müde.

Passenderweise stehen heute 3x 750m Vollgas auf dem Trainingsplan. Es kommt selten vor, dass ich keine Lust habe zu rudern, aber heute ist so ein Tag. Bei jedem Wort von Markus wünsche ich mir einfach nur, dass er die Klappe hält. Ich fahre eine der Strecken. Läuft verdammt scheiße. War auch zu erwaten. Wir beschließen, heute mal nur Grundlagenausdauer zu machen und restlichen Strecken vielleicht doch lieber morgen zu fahren, wenn ich ein bisschen ausschlafen konnte.

Der Rest der Einheit läuft den Umständen entsprechend ganz okay, aber die letzten paar Meter zur Schleuse hin kämpfe ich doch sehr mit dem Ostwind. Kurz vor der Schleuse sehe ich, wie Markus hinter mir das Handy zückt. Nanu, denke ich mir, der ist heute aber ungeduldig. Normalerweise warten wir dann doch ein bisschen, ob uns die Schleusenbediener nicht doch noch auf dem Radar erkennen. Ich drehe mich um und stelle fest, dass die beiden roten Lichter auf der Schleusenampel übereinander sind. (Das bedeutet Schleuse gesperrt.)
Offenbar ist der Wasserstand so niedrig, dass nicht mehr geschleust wird. Leider macht der Schleuser (Markus ist fest davon überzeugt, dass wir heute den Kollegen Erbsenzähler erwischt haben) auch keine Ausnahme für Boote mit weniger Tiefgang. Markus wirft einen Blick in den Tidekalender und stellt fest, dass das Wasser noch etwa eine halbe Stunde lang abläuft.

Zur Illustration... (Quellen: ibabahn.de, bsh.de)
Die Variante "Umtragen" verwefe ich recht schnell wieder. Erstens habe ich wenig Lust, barfuß über die Büschung zu kraxeln, zweitens Angst um mein Boot und drittens kann ich davon ausgehen, dass der Steg sowieso die nächste Dreiviertelstunde noch auf dem Trockenen liegt. Also ab über die Elbe. Sind ja nur 11km Umweg... Immerhin ist die Tide am kippen, als ich aus dem Rethehafen auf die Elbe rausfahre. Ich fahre also mit der Strömung, leider aber auch gegen den Wind.
Dafür habe ich die einmalige Gelegenheit, an der Kattwyckbrücke unter dem Kran durchfahren zu können. Schiff von unten ist irgendwie lustig...

Nach knapp 3 Stunden und 29 Ruderkilometern ist meine Wanderfahrt dann zum Glück zu Ende. Einen Vorteil hat die Aktion aber auf jeden Fall gehabt: Nachmittags habe ich nicht nochmal trainieren müssen und konnte schön zwei Stunden Siesta machen. Vielleicht klappt es morgen dann auch mit den Strecken.

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