"Nicht so nah an die geparkten Autos! Die Straße ist breit genug, dass du weiter links fahren kannst." Obwohl er mir das nun mit Sicherheit schon mindestens zum einhunderttachtundvierzigsten Mal sagt, strahlt Martin immer noch die Ruhe des Erzählers auf den Benjamin Blümchen-Kassetten aus. Ich glaube, einen geduldigeren Menschen habe ich im Leben noch nicht kennen gelernt.
Ich bin also genau an den Richtigen geraten.
Ich steuere den blauen Golf also weiter mit der garantiert falschen Geschwindigkeit quer durch die Harburger Berge. ("Hast du das Tempo-30 Schild nicht gesehen?" - "Nein, so schnell können wir hier nicht abbiegen." - "Also, wegkommen sollten wir an der Ampel schon." - und, im Flüsterton: "Gas, mehr Gas!") Immerhin das rückwärts um die Ecke Fahren bekomme ich auf Anhieb ganz gut hin - ist ja schließlich auch nichts anderes als Anlegen, nur dass man beim Auto viel mehr Möglichkeiten hat, im Zweifelsfall nochmal zu korrigieren.
Immerhin ist mein Kopf mal wieder gefordert - wenn ich nichts lerne, dann lebe ich nicht. Und die vielen Termine in der Fahrschule helfen mir, etwas mehr Struktur in meinen Tag zu bekommen. Nach guten 3 Monaten ohne Arbeit habe selbst ich keine Energie mehr, jeden Tag komplett selbst mit vernünftigen, notwendigen oder lustigen Dingen zu füllen. Ein bisschen ist also tatsächlich das eingetreten, vor dem ich am meisten Angst hatte: Ich bin den ganzen lieben langen Tag mir selbst ausgeliefert, muss mich organisieren, mich motivieren und aushalten, dass meine Gedanken viel zu oft nur um mich selbst kreisen. Da tut es gut, sich gelegentlich mal voll auf gucken, blinken, kuppeln und bremsen konzentrieren zu müssen. Meditative Anweisungen inklusive.
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