Weltcup Varese - Tag 3

Copyright: Deutscher Ruderverband/Seyb

Sonntag, 23:45
Ich bin froh, dass Johannes wach geblieben ist und meine Tasche die Treppe hochträgt. Alleine hätte ich das nicht mehr geschafft.

4 Stunden früher
Im Flugzeug sitze ich neben dem Cheftrainer.
"Du hast noch gar nicht gefragt, wie es jetzt weitergeht." - "Das wollten heute schon alle von mir wissen." - "Gib mir zwei Tage."

1 Stunde früher

Eine Herde glücklicher Leichtgewichte stürmt die Eisdiele am Flughafen Milano Malpesa.

5 Stunden früher

Hertie, Barbara, meine Eltern, Markus und ich stehen auf der Dachterasse des Rudervereins und schauen uns das Doppelzweier-Finale an. Markus kann mal wieder zu dem Zeitpunkt wo alle anderen so gerade eben sehen dass da Boote kommen schon Schlagzahlen messen. Trotzdem rätseln wir bis die Boote an uns vorbeifahren wer wohl auf welcher Position liegt. Marie und Fini holen Silber! Glückwunsch und Erleichterung. Es gibt ganz bestimmt eine Entscheidung!

2 Stunden früher

Ich steige als komplettes Nervenbündel aus meinem Einer. Endlich kann mich Markus in den Arm nehmen. Ich lasse eine ganze Weile nicht mehr los. Danach kann ich auch wieder in die Kamera der Volunteers lächeln, die mich um ein gemeinsames Foto bitten.

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15 Minuten früher
Und plötzlich sind da viel zu viele Kameras. Viel zu viele Stimmen die rufen "Schau hier her!" - "Lächeln!" - "Halt die Medaille nochmal hoch!". Neben den Fotografen kämpft Markus mit den Sicherheitsleuten, die ihn nicht durch den Pressebereich zu mir lassen wollen. Ich bin völlig verwirrt, überfordert und will gar nicht mehr in die Kameras gucken. Nur schnell zurück ins Boot.

5 Minuten vorher
"War übrigens gar nicht so schlimm, dass du auf der EM im Interview noch nicht viel sinnvolles von dir geben konntest. Die Kamera hat eh keinen Ton aufgezeichnet. Aber ein Stück weit macht das auch den Reiz der Interviews nach den Rennen aus. Wie geht es denn jetzt bei dir weiter?" Wenn ich das mal wüsste... ich würde gerne weiter Einer fahren, aber es könnte mir auch passieren, dass ich zur WM wieder im Vierer lande, wenn Anja gerne Einer fahren will. Mal sehen, was die Bundestrainer entscheiden.
Ich bin erstaunt, dass mich meine Füße bis zur Siegerehrung tragen.

10 Minuten vorher

Die Ampel springt auf grün und ich spurte los. Scheinbar bin ich schneller losgekommen als die letzten Tage. Die Braslilianerin ist weg, aber ich bin noch mitten im Feld. Dafür tue ich mir schwer, auf einen runden Streckenschlag zu kommen. Gleich müssten doch mal 250m vorbei sein. Eine Markierung kommt an mir vorbei. Erstaunt stelle ich fest, dass es schon die 500m-Marke ist. Ich bin immer noch im Mittelfeld, NZL2 und Dänemark sind in Reichweite. Brasilien und die erste Neuseeländerin kann ich vor mir nicht mal mehr erahnen.
An der 1000m-Marke setze ich zum Zwischenspurt an. Die drei bin ich erstmal los. Jetzt nur nicht einknicken. Gegen Streckenende versucht sich die Chinesin noch an einem Endspurt. Ich kann noch gegenhalten und erreiche die Ziellinie auf dem dritten Platz. Eine gefühlte Ewigkeit kann ich nur nach Luft schnappen. Dann fange ich so langsam an, mich zu freuen.
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Eine Stunde vorher
"Ich weiß jetzt, wie wir die Dänin knacken: Versuch am Anfang ein kleines bisschen schneller zu fahren, nicht viel, nur nicht einfach nur losfahren. Die war nur auf den ersten 500m zwei Sekunden schneller als du."
Ich bin unglaublich nervös.

Zwei Stunden früher
Ich sehe mir das B-Finale des Leichtgewichts-Frauendoppelzweiers an. Anja und Lena kommen als letzte ins Ziel. Auch wenn ich ihnen das nicht gewünscht habe, bin ich erleichtert dass damit bestimmt nächste Woche endgültig entschieden wird, wer in welchem Boot zur WM fährt.
 
Am Abend zuvor

Marcus: "Was wird das denn bei euch?"
Markus: "So zwischen drei und fünf."
Marcus: "Mach mal drei."

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